
Generalisierte Angststörung –
Wenn Sorgen das Leben bestimmen

Was genau ist eine generalisierte Angststörung - und woran erkenne ich sie?
Angst gehört zum Leben. Sie hilft uns, Gefahren zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Doch was passiert, wenn diese Alarmanlage im Kopf dauerhaft aktiviert ist – selbst ohne akute Bedrohung? Genau das beschreibt die generalisierte Angststörung (GAS): ein Zustand ständiger innerer Anspannung, in dem das Gehirn auf der Suche nach möglichen Problemen nicht mehr abschaltet.
Menschen mit GAS erleben oft eine Vielzahl an Sorgen, die sich auf unterschiedliche Lebensbereiche erstrecken – etwa Gesundheit, Familie, Arbeit, Finanzen oder alltägliche Entscheidungen. Diese Sorgen sind nicht nur gelegentliche Gedanken, sondern nahezu ununterbrohene Begleiter. Sie werden als belastend, aber kaum kontrollierbar empfunden. Viele Betroffene wissen durchaus, dass ihre Sorgen übertrieben oder irrational erscheinen – doch sie können sie dennoch nicht loslassen.
Typische Anzeichen einer generalisierten Angststörung
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Sorgen zu vielen verschiedenen Themen – häufig wechseln die Inhalte, nicht aber die Intensität
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Schwierigkeiten, zur Ruhe zu kommen oder abzuschalten
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Grübeln – oft stundenlang, vor allem nachts
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Schlafstörungen, insbesondere Einschlafprobleme
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Reizbarkeit, Erschöpfung, Konzentrationsprobleme
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Körperliche Symptome wie Muskelverspannung, Kopfschmerzen, Magenbeschwerden oder Herzklopfen
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Viele Betroffene versuchen, sich durch Absicherung zu beruhigen: Sie holen wiederholt Meinungen ein, vermeiden unklare Situationen oder kontrollieren Dinge mehrfach. Doch diese Strategien verstärken auf Dauer das Gefühl, der Welt nicht gewachsen zu sein.
Warum hört das Sorgenmachen nicht auf? Mögliche Ursachen verstehen
Die Ursachen der generalisierten Angststörung sind vielschichtig. Es ist selten ein einzelner Auslöser – meist wirken biologische, psychologische und soziale Faktoren über längere Zeit zusammen.
Frühe Bindungserfahrungen und Prägungen
Eine zentrale Rolle spielen die frühen Erfahrungen mit Bezugspersonen. Wurde Sicherheit zuverlässig vermittelt? Oder war das Umfeld wechselhaft, unvorhersehbar oder überbehütet? Viele Betroffene berichten, in einem Klima aufgewachsen zu sein, in dem Sorgen „normal“ waren – entweder durch überängstliche Eltern oder durch ein instabiles, emotional unsicheres Umfeld. Häufig war das Kind gezwungen, früh Verantwortung zu übernehmen oder sich innerlich zurückzuziehen, um sich selbst zu regulieren.
Persönlichkeitszüge und Temperament
Menschen mit generalisierter Angst zeigen oft ein stark ausgeprägtes Bedürfnis nach Kontrolle, Verantwortung und Perfektion. Unsicherheit wird als schwer aushaltbar erlebt – es entsteht ein innerer Druck, immer vorbereitet zu sein. Diese Persönlichkeitsmerkmale können teilweise genetisch mitveranlagt sein, aber auch durch Erziehung und Umfeld verstärkt werden.
Neurobiologie und Dauerstress
Das Gehirn von Betroffenen reagiert häufig sensibler auf Bedrohungen. Studien zeigen, dass Areale wie die Amygdala (Angstzentrum) bei Menschen mit GAS besonders aktiv sind. Chronischer Stress, übermäßige Belastung und unverarbeitete emotionale Erfahrungen können diesen Zustand weiter verschärfen.
Der Sorgenkreislauf – warum Grübeln die Angst verstärken kann
Ein zentrales Merkmal der GAS ist das permanente Gedankenkarussell. Dabei handelt es sich um einen inneren Prozess, der zwar scheinbar helfen soll – in Wahrheit aber die Angst aufrechterhält.
Wie der Sorgenkreislauf funktioniert:
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Ein beunruhigender Gedanke taucht auf – z. B. „Was, wenn mein Kind krank wird?“
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Das Gehirn reagiert mit innerer Alarmbereitschaft.
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Zur Beruhigung beginnt der Mensch zu grübeln, zu analysieren, sich abzusichern.
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Diese kurzfristige Beruhigung bestätigt das Verhalten – das Grübeln wird zur Gewohnheit.
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Langfristig entsteht aber mehr Angst, weil nie eine echte Lösung gefunden wird.
Dieser Kreislauf verstärkt sich mit der Zeit – und ist nicht durch Logik zu durchbrechen. Denn das Bedürfnis dahinter ist meist nicht rational, sondern emotional: das Bedürfnis nach Sicherheit, nach Bindung, nach Kontrolle in einer früher unkontrollierbaren Welt.
Therapie bei generalisierter Angst: Wie ich dich begleite
Ich arbeite mit Menschen, die unter chronischen Sorgen und Ängsten leiden, mit einem ganzheitlichen, bindungsorientierten Ansatz. Für mich steht nicht nur die Symptomreduktion im Vordergrund – sondern das Verstehen der inneren Dynamik: Woher kommt dieses ständige Warnsystem? Welche inneren Anteile stehen dahinter? Welche biografischen Prägungen haben dieses Muster geprägt?
Meine therapeutische Arbeit umfasst:
Psychoedukation – Wissen als erster Schritt zur Veränderung
Verstehen schafft Distanz zur Angst. Ich erkläre transparent, wie Sorgen entstehen, wie unser Nervensystem reagiert und wie sich der Sorgenkreislauf verselbstständigt – ohne Schuld, ohne Druck.
Schematherapie – innere Muster erkennen und verändern
Oft begegnen wir in der Therapie inneren Anteilen wie dem inneren Antreiber, der alles kontrollieren will, oder dem ängstlichen Kind, das sich unsicher und überfordert fühlt. Gemeinsam identifizieren wir diese Schemata und entwickeln neue, mitfühlendere Umgangsweisen.
Bindungsorientierung – Sicherheit durch Beziehung
Viele Ängste wurzeln in früher emotionaler Unsicherheit. In einer sicheren therapeutischen Beziehung können neue Erfahrungen entstehen – Erfahrungen von Ko-Regulation, innerer Ruhe und Verlässlichkeit. Die Beziehung selbst wird zum Korrektiv früherer Erfahrungen.
Stabilisierung & Selbstregulation
Ich arbeite ressourcenorientiert, körpernah (z. B. mit Atemarbeit, Achtsamkeit, Imaginationsübungen) und immer im Tempo der Klientin. Gemeinsam stärken wir deine Fähigkeit, mit Unsicherheit zu leben, ohne in den Kreislauf zurückzufallen.
Hoffnung und Veränderung – was in der Therapie möglich ist
Eine generalisierte Angststörung kann das Leben stark einschränken. Doch sie ist veränderbar. Je mehr du die dahinterliegenden Muster erkennst und neue Wege im Umgang mit Unsicherheit entwickelst, desto freier kannst du wieder atmen – innerlich wie äußerlich.
Viele Menschen erleben durch die Therapie nicht nur weniger Sorgen, sondern auch mehr innere Stabilität, Selbstmitgefühl und Mut, neue Wege zu gehen. Es geht nicht darum, alle Ängste loszuwerden – sondern darum, ihnen nicht mehr ausgeliefert zu sein.